Industrie-Standort Österreich 2025+

Qualifizierung, Digitalisierung und Innovation: Das sind die zukunftsweisenden Eckpfeiler der IV-Österreich als Antwort auf die Strategie der Bundesregierung.

„Wir sind in der Zielgeraden des Pandemie-Marathons. Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten und die Weichen für nachhaltiges, investitionsgetriebenes Wachstum zu stellen. Das bedeutet einerseits eine rasche Rückkehr zum Vor-Krisen-Niveau, andererseits müssen wir über uns hinauswachsen. Österreich muss sein volles Potenzial ausschöpfen, Mittelmaß reicht nicht aus, sonst fallen wir bei Wohlstand und Lebensqualität zurück“, betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, gemeinsamen mit IV-Generalsekretär Christoph Neumayer und IV-Chefökonom Christian Helmenstein. Die Industriellenvereinigung habe daher einen breiten Prozess gestartet, an dessen Ende eine IV-Industriestrategie steht. In deren Erarbeitung seien mehr als 900 IV-Mitglieder eingebunden gewesen, „um das Know-how aus der betrieblichen Praxis ideal mitzunehmen“, erklärte Neumayer. Dass die Bundesregierung die Standortstrategie 2040 gestartet habe, sei eine richtige und wichtige Initiative. Die IV-Industriestrategie könne hier wesentliche Impulse aus der unternehmerischen Praxis liefern.

Fachkräfteagentur  „Während die USA und China für die Hälfte des weltweiten Wertschöpfungszuwachses im Jahr 2021 stehen, trägt die EU lediglich 13 Prozent zum globalen BIP bei“, erörterte Helmenstein. Knill: „Um das Wachstum in Europa und Österreich zu stärken, müssen wir Exzellenz in den entscheidenden Zukunftsfeldern anstreben: Qualifizierung, Digitalisierung und Innovation.“ Trotz derzeit hoher Arbeitslosigkeit seien zahlreiche Betriebe vor allem in industriestarken Regionen mit einem Fachkräftemangel konfrontiert. Als konkrete Maßnahmen regt die IV die Idee einer Fachkräfteagentur an, deren Aufgabe die Steuerung der mittel- und langfristigen Fachkräfteentwicklung sein soll. Zudem empfiehlt die Industrie die Aufwertung der dualen Lehrausbildung. Ebenso brauche es u.a. attraktive Modelle für die Lehre nach der Matura.

Um die Digitalisierung voranzutreiben, müssten die Technologie-Frontrunner aus Österreich gestärkt werden. „Ziel sind agile und resiliente Wertschöpfungsnetzwerke und ein wettbewerbsfähiger, innovativer und nachhaltiger Produktionssektor mit einem starken Ökosystem aus Leitbetrieben, KMU und Jungunternehmen in Österreich“, so Knill, der zudem auf ein umfangreiches IV-Aktionspapier verwies, das die wesentlichen Schwerpunkte für eine erfolgreiche digitale Transformation Österreichs bis 2030 und darüber hinaus skizziert. Dieses wird kommende Woche präsentiert. Um die Zukunftsfähigkeit des Standortes zu stärken, plädiert die IV zudem für Maßnahmen für die heimischen (energieintensiven) Unternehmen beim Übergang zur Energiewende. „Nachhaltiger Klimaschutz und energieintensive Produktion können und müssen eine gemeinsame Zukunft in Österreich haben. Es braucht eine Kompensation der Kosten, die nicht am weltweiten Markt untergebracht werden können. Konkret schlagen wir hier einen Industrie-Dekarbonisierungs-Fonds vor, der energieintensive Unternehmen dabei unterstützt, kräftige Investitionen in die Zukunft zu tätigen“, erklärte Knill.

Entlastungskurs fortsetzen  „Damit Österreich möglichst rasch wieder das Vor-Krisen-Niveau erreichen und überschreiten kann, ist ein investitionsfreundliches Klima notwendig“, so Neumayer. Hier schlägt die Industrie konkret die Einführung eines Investitionsfreibetrags vor, der für ökologisch sinnvolle Investitionen weiter erhöht werden könnte. Zudem müsse der bereits eingeschlagene Entlastungskurs der Bundesregierung fortgeführt werden, etwa durch eine Senkung der Körperschaftsteuer, wie im Regierungsprogramm angekündigt, auf 21 Prozent; die dringend notwendige Stärkung des Eigenkapitals, um Unternehmen krisenfester zu machen oder eine Senkung der Lohnnebenkosten in Richtung deutsches Niveau, das mehr als vier Prozentpunkte niedriger liegt als das österreichische. Das könne ein Impuls sein, um die Arbeitslosigkeit zu senken – ebenso wie die zeitliche Förderung der Lohnnebenkosten bei von Arbeitslosigkeit besonders stark betroffenen Gruppen. Um den Kapitalmarkt zu stärken, empfiehlt die Industrie die Einführung der Behaltefrist bei der Kapitalertragssteuer. Ebenfalls Teil der Strategie seien Maßnahmen, um Genehmigungsverfahren insbesondere bei wichtigen Infrastruktur- und Energieprojekten zu beschleunigen.

Internationaler Handlungsbedarf   Auch auf internationaler Ebene sieht die IV Handlungsbedarf für Europa: „Die Förderung von Exporten und der bestmögliche Zugang zu dynamischen Märkten sind zur Überwindung der Krise entscheidend“, so Neumayer, der auf den aktuellen Wettlauf um Markzugang verwies – vor allem vor dem Hintergrund der zuletzt entstandenen Freihandelszonen im asiatischen (RCEP) und transpazifischen (CPTPP) Raum. Konkret müsse das EU-Mercosur-Abkommen umgesetzt oder mit den USA Gespräche über ein transatlantisches Abkommen aufgenommen sowie auch der Anschluss an andere dynamische Wirtschaftsräume durch Abkommen gesichert werden. Zudem plädiert die IV für ein Moratorium auf Belastungen für Wirtschaft und Industrie in sämtlichen EU-Politikbereichen.

„Die Industrie bietet sichere Arbeitsplätze selbst in der schwersten Wirtschaftskrise, überdurchschnittliche Einkommen, umweltschonende Technologien und hochwertige Produkte. Nur, wenn es gelingt, Österreich als Industrieland zu stärken, können wir alle von diesen Vorteilen profitieren“, so Knill und Neumayer abschließend.