Obwohl die Entwicklung in China und anderen asiatischen Volkswirtschaften das Wachstum ankurbeln, werden die wichtigsten Volkswirtschaften in diesem Jahr ihr Vorkrisenniveau nicht erreichen. Der Anstieg der daraus resultierenden Ungleichheit, zusammen mit der öffentlichen Unzufriedenheit im Umgang der Regierungen mit der Pandemie in vielen Ländern, begünstigt das Auftreten von potenziellen Protesten und Gewalt.
Ein Jahr nach dem Beginn der Covid-19-Pandemie und der größten globalen Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, schätzt Coface, dass das weltweite Wachstum im Jahr 2021 durchschnittlich +4,3 Prozent erreichen wird. Der Welthandel wird um +6,7 Prozent wachsen. Im Jahr 2020 schrumpfte der Welthandel, im Vergleich dazu, um 5,2 Prozent. Bei diesen Berechnungen wird angenommen, dass die großen Volkswirtschaften bis zum Sommer 2021 mindestens 60 Prozent ihrer Bevölkerung impfen können. Die daraus resultierende Herdenimmunität würde das Ende der Stop & Go-Zyklen markieren, die schädlich für die wirtschaftliche Aktivität sind.
Aktuell liegt die Wachstumsprognose für Österreich bei -7 Prozent für 2020 und 4,0 Prozent für 2021. Am stärksten betroffen ist Österreichs Wirtschaft vom Rückgang des Konsums der privaten Haushalte, dem Anstieg der Arbeitslosigkeit, dem Rückgang der Einkommen und der Tourismuseinnahmen. „Insgesamt zeigen unsere jüngsten Analysen in unserer Länder- und Branchenbewertung, dass wir weltweit und in Österreich mit einer ungleichmäßigen wirtschaftlichen Erholung zu rechnen haben“, sagt Dagmar Koch, Country Managerin von Coface Österreich. „Während die Entwicklung in China und anderen asiatischen Volkswirtschaften wie Taiwan das globale Wachstum ankurbeln, werden die großen Volkswirtschaften in diesem Jahr nicht auf das BIP-Niveau von vor der Krise zurückkehren. Länder, die stark von vom Dienstleistungssektor abhängig sind, wie etwa Spanien oder das Vereinigte Königreich, werden länger für die Erholung brauchen, ebenso wie jene Nationen, die im Impfprozess hinterherhinken“, erläutert Koch. Die Virusmutationen, die unterschiedlichen Impfstrategien und weitere Lockdowns halten die Wirtschaft weiterhin in Atem. „Die Reisebeschränkungen werden uns noch einige Monate begleiten. All das, deutet darauf hin, dass die Erholung der heimischen Wirtschaft nur langsam und schrittweise erfolgen wird“, unterstreicht Koch.
Überkompensation der staatlichen Maßnahmen
2020 kam es zu einem Rückgang der Insolvenzeröffnungszahlen von knapp 40 Prozent. Diese Zahlen stehen im Gegensatz zum zuvor prognostizierten Trend „Die staatlichen Stützmaßnahmen haben den eigentlichen Anstieg daher nicht nur ausgeglichen, sondern überkompensiert“, betont die Managerin. Auch für 2021 rechnen die Coface-Experten mit einer ähnlichen Entwicklung. Denn bereits jetzt ist klar, dass in vielen Staaten die Maßnahmen bis weit ins Jahr 2021 laufen. „Der Blick auf die Realität bleibt also weiterhin so lange verschleiert, wie der Patient Wirtschaft am Tropf der staatlichen Maßnahmen hängt“, sagt Koch.
Eine Insolvenzprognose für das laufende Jahr wird es daher nicht geben. Coface-Managerin Koch erklärt: „2020 hat gezeigt, dass klassische Insolvenzprognosen nicht mehr greifen. Sie werden mit Modellen errechnet, die funktionierende Marktkräfte unterstellen. Wenn der Staat, wie zum Beispiel in Deutschland oder in Österreich in den Markt eingreift, indem immer wieder die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt wird und gleichzeitig die Regierung in nie dagewesenem Umfang die Wirtschaft unterstützen, sind Modellprognosen schlicht nicht mehr möglich.“
Automobilindustrie überrascht mit positiven Signalen
In Österreich wurde die Risikoeinschätzung der Automotive Branche von sehr hohem Risiko auf hohes Risiko gesetzt. Dies ist allerdings ein globales Phänomen, das auf die erhöhte Nachfrage in China zurückzuführen ist. Von den 23 Verbesserungen der Brancheneinschätzungen in diesem Quartal ist fast die Hälfte auf den Automobilsektor zurückzuführen, dessen Wachstum in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 positiv überrascht hat, gefolgt von der Bauwirtschaft und Chemie.
Die weltweite Corona-Pandemie hat auch die österreichische Produktion massiv getroffen. Im Frühjahr 2020 waren die Fertigungen in den Fabriken überhaupt nicht auf Covid-Hygienemaßnahmen eingestellt und mussten zeitweise komplett geschlossen werden. Im Herbst/Winter wiederum waren die Fabriken an die Situation gewöhnt und vorbereitet und konnten weiter produzieren. Die Nachfrage für österreichische Produkte war gut, 30% aller Exportgüter wurden nach Deutschland geliefert. „Die wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen wie Arbeiter, Maschinen und sogar Kapital sind vorhanden. Sie werden nur aufgrund der Lockdown-Maßnahmen gehemmt. Sobald sich die Situation entspannt, sehen wir sofort eine starke Erholung. Das war bereits im 3. Quartal 2020 in fast allen europäischen Ländern der Fall. Die europäische Wirtschaft muss nicht wiederaufgebaut werden, sondern hat nur eine Pause gemacht“, gibt Koch einen optimistischen Ausblick und empfiehlt: „Das Beste, was man tun kann, ist eine schnelle und flächendeckende Impfkampagne. Dies muss europaweit funktionieren. Es ist sehr wichtig, dass die Länder innerhalb und außerhalb der EU ihre Beschränkungen aufheben können, denn die Länder sind wirtschaftlich zu sehr miteinander verbunden um sie zu trennen.“